Heute Morgen musste ich wieder bei strömendem Regen die Tiere versorgen aber am Nachmittag hat der Regen aufgehört und sie Sonne hat sich nach einigen Tagen wiedermal gezeigt. Also habe ich die Gelegenheit genutzt, um einen ausgedehnten Spaziergang (bei 6 Grad und starkem Wind) zu machen.
Heute ist Schabbat, der Ruhetag in Israel - hier fängt die Woche nämlich am Sonntag an. Deshalb heisst der Sonntag "Jom rischon", das heisst "erster Tag". Hier in Jerusalem ist der Schabbat auch äusserlich ein ruhiger Tag. Es fahren keine öffentlichen Verkehrsmittel und die meisten Läden haben geschlossen. Das ist in einer so hektischen, multikulturellen Stadt sehr wohltuend!
Hier ein Blick auf die sonst sehr stark befahrene, bestaute und behupte Hebronstrasse:
Die religiösen Juden, vor allem die orthodoxen (strenggläubigen), halten den Schabbat ganz streng ein, so wie es ihre Rabbiner vorgeschrieben haben. Manche meiner Arbeitskolleginnen können sich vielleicht noch an die jüdisch orthodoxe Familie aus Zürich erinnern, deren frühgeborener Sohn, das zehnte Kind, in den Ferien im Wallis geboren wurde und einige Wochen bei uns auf der Station war. Die Eltern durften zum Beispiel am Schabbat den Liftknopf und den Einschaltknopf von Milchpumpe und Mikrowelle nicht betätigen. Das mutet seltsam an und war für uns schwer nachvollziehbar.
Ich möchte euch kurz erklären, warum das so ist: Im Alten Testament der Bibel im zweiten Buch Mose (Kapitel 20, Verse 8-11) steht, dass das Volk Israel am Schabbat nicht arbeiten soll, weil Gott am siebten Tag der Schöpfung auch geruht hat. Und die Israeliten sollen sich Zeit nehmen für Gottesdienste und Gemeinschaft. Auch Bedienstete und Tiere sollten nicht arbeiten. Einige Kapitel später heisst es, dass am Schabbat kein Feuer angezündet werden soll.
Ich finde das eigentlich ein sehr gutes Gebot, dass man an einem Tag in der Woche zur Ruhe kommen und sich erholen soll. Aber die jüdischen Gelehrten, die Rabbiner, haben die Biblischen Gesetze und Gebote teilweise regelrecht ad absurdum geführt. Im Rabbinischen Judentum ist der Talmud (Hebräisch"Belehrung"), die Auslegungen der Biblischen Gebote durch die Rabbiner, verbindlicher als die Bibel selbst. Die Vorschrift, am Schabbat kein Feuer anzuzünden wurde unter anderem so ausgelegt, dass man am Schabbat keinerlei elektrische Schalter betätigen darf, weil dabei ein Funke entstehen könnte und man damit quasi ein Feuer anzünden würde... In vielen konservativ jüdischen Familien wird dieses Problem mit Zeitschaltuhren gelöst und wenn doch mal ein Kind aus Versehen das Licht ausmacht, kann man immer noch die "ungläubigen" Nachbarn bitten, den Lichtschalter zu betätigen.
Ein Freund von uns hat einmal gesagt: "Man könnte die Biblischen Gebote, die Gott eigentlich zum Wohl der Menschen gegeben hat, mit einem Garten vergleichen, in dem Blumen, Früchte und Gemüse wachsen, der schön anzusehen ist, was der Seele gut tut und Nahrung für den Körper hergibt. Nun wollten die Juden diesen wunderbaren Garten unbedingt schützen und bauten einen Zaun darum herum (die Rabbinischen Auslegungen). Da sie aber immer noch befürchteten, der Garten könnte Schaden nehmen, bauten sie weitere Zäune. Und nun stehen sie vor der fünfzigsten Zaunreihe und wissen gar nicht mehr, was sie mit den Zäunen schützen wollten."
Das ist sehr schade, weil die ständige Angst, das Schabbatgebot zu übertreten, Stress verursacht und damit der Erholungswert, den dieser Tag haben sollte, verloren geht.
Für weniger streng religiöse und auch nicht gläubige Juden ist dieser Tag ein Familientag an dem man sich besucht, zusammen isst und Ausflüge macht.
Aber nun will ich euch mit einigen Bildern mit auf meinen Spaziergang nehmen!
Auf der anderen Seite der Hebronstrasse liegen sehr heruntergekommene Häuserzeilen, in denen oft Einwanderer aus Afrika oder Gastarbeiter aus Asien leben...
...während auf "meiner" Seite der Strasse gepflegtere Häuser stehen - wobei der Schein manchmal trügt, weil die Gebäude mit dem sogenannten "Jerusalemstein" verkleidet sind, der zwar die Fassade schön aussehen lässt, aber innen ist der Zustand oft nicht ganz so gut.
Morgen werde ich euch von meinen ersten Arbeitstagen berichten!
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