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dvogel82

Pessach - Ostern - Ramadan


Das jüdische Pessach, das christliche Osterfest und der islamische Fastenmonat Ramadan fielen dieses Jahr zusammen, was in Jerusalem, der Heiligen Stätte aller drei Religionen, zu vermehrten Spannungen geführt hat. Für Moslems ist es wichtig, an diesen Tagen auf dem Tempelberg zu beten, manche Juden würden den Tempelberg ebenfalls gerne besuchen und durch die Altstadt und ihre nähere Umgebung wälzen sich tausende christlicher Pilger, die den Kreuzweg Jesu und die Orte der Passionsgeschichte begehen und besuchen.

(Bildquelle: ZEIT ONLINE Tempelberg: Der Berg des Missverstehens)


Der Tempelberg mit dem Felsendom und der al-Aqsa-Moschee wird von einer Islamischen Stiftung, der Waqf-Behörde, verwaltet, welche vom Staat Israel finanziert wird. Der Zugang zum Tempelberg und die Klagemauer (die Westmauer des Herodianischen Tempels) werden von Israel kontrolliert. Am Freitag, der für die Moslems die gleiche Bedeutung hat wie der jüdische Sabbat und der christliche Sonntag, ist nur Moslems der Zugang zum Tempelberg erlaubt, wo sie ihre (für die Männer vorgeschriebenen und für die Frauen empfohlenen) Freitagsgebete verrichten. Am Samstag ist der Tempelberg ebenfalls für nicht-moslemische Besucher geschlossen. Juden ist das Beten dort verboten, sie beten an der Klagemauer. Es gibt den Ausspruch "Moslems beten auf dem Tempelberg, nicht-Moslems besuchen den Tempelberg".

Die religiösen Juden sind sich gar nicht einig über die Bedeutung des Tempelbergs. Manche Ultraorthodoxe glauben, dass es ihnen seit der Zerstörung des Tempels (70 n.Chr.) nicht mehr erlaubt ist, den Tempelberg zu betreten, da sie die Reinigungsvorschriften nicht mehr einhalten können und das Heiligtum entweiht wurde. Andere orthodoxe Strömungen glauben, dass sie die Aufgabe hätten, auf dem Tempelberg den dritten Tempel zu erbauen, wozu die islamischen Moscheen abgerissen werden müssten - davor fürchten sich die Moslems am meisten, obwohl dies ziemlich unrealistisch erscheint. Eher liberalen religiösen Juden ist der Tempelberg nicht so wichtig, unter anderem weil sie glauben, dass der erwartete Messias zwar auf dem Tempelberg erscheinen, jedoch einen dritten "Tempel" in den Herzen der Gläubigen errichten wird. Für säkulare Juden spielt der Tempelberg keine wichtige Rolle und sie (wie auch viele liberale Juden) würden den Tempelberg aus realpolitischen Gründen niemals besuchen. Zwischen den Haltungen und Ansichten, die ich gerade beschrieben habe, gibt es unzählige weitere - das ist ein grosses Problem, dass es "das Judentum" nicht gibt weil es derart viele unterschiedliche jüdische Lehren und Gruppierungen gibt, die sich nicht miteinander vereinbaren lassen.

Christen besuchen den Tempelberg weil der Tempel im Leben von Jesus eine wichtige Rolle gespielt hat. An Ostern speziell, weil Jesus am Palmsonntag auf den Tempelberg in die Stadt Jerusalem eingezogen ist. Er hat die Händler aus dem Tempel vertrieben und als er am Kreuz gestorben ist, ist der Vorhang vor dem Allerheiligsten des Tempels zerrissen. Für sie ist der Tempelberg jedoch nicht gleich wichtig wie für Juden und Moslems, da es viele andere biblische Stätten gibt, die besucht werden können. Ausserdem ist der christliche Glaube nicht so sehr an bestimmte Orte gebunden wie der jüdische und islamische.


Ich hoffe, dass meine Ausführungen dir helfen, zu verstehen, weshalb die Spannungen gerade jetzt so ausgeprägt sind. Während des Ramadan, wenn die Menschen tagsüber fasten und dann die halbe Nacht essen und feiern und nur wenig Schlaf bekommen, liegen die Nerven bei den Moslems auch eher blank, was das Konfliktpotential zusätzlich erhöht.


Auch wenn mir ein wenig das Verständnis fehlt, wie man sich in grossen Gruppen, teilweise verkleidet, durch die Strassen treiben lässt, sich in Kirchen und anderen heiligen Orten auf den Füssen herumsteht und sich in lange Schlangen stellt, um zum Beispiel einen Blick auf die angebliche Grabhöhle Jesu zu werfen, finde ich es doch immer wieder faszinierend, mich an den Schauplätzen der biblischen Geschichten umzusehen. Ich liebe archäologische Stätten und mir vorzustellen, wie die Menschen dort schon vor mehreren tausend Jahren gelebt haben! Am Ostersamstag war ich "Tourguide" für eine ältere deutsche Bekannte von Mor's Eltern, die bei ihnen zu Besuch ist. Sie wünschte sich, den Garten Gethsemane, das Gartengrab und die Christ Church in der Nähe des Jaffa Tors zu besuchen. Wegen Ostern war alles sehr überfüllt und wegen der momentanen Lage wollte ich nicht durch die Altstadt gehen aber es war trotzdem ein gelungener Ausflug, der unseren Gast glücklich gemacht hat.

Links siehst du einen der uralten Olivenbäume im Garten Gethsemane. Die ältesten Bäume dort sind etwa 1000 Jahre alt, waren also nicht Zeugen des biblischen Ostergeschehens. In der Mitte ist das Goldene Tor, das zur Zeit des Herodianischen Tempels der einzige direkte Zugang zum Tempelareal war. Durch dieses Tor ist Jesus am Palmsonntag nach Jerusalem eingezogen. Im 16. Jahrhundert wurde es vom Türkischen Herrscher Süleyman zugemauert und ein muslimischer Friedhof davor errichtet. Die Legende sagt, dass damit verhindert werden soll, dass der von den Juden erwartete Messias (die Christen erwarten Jesu zweites Kommen auf diesem Weg) durch dieses Tor nach Jerusalem einziehen kann...


Das linke Bild ist letzten Samstag im Garten Gethsemane entstanden, das rechte vor fast 23 Jahren, als wir für 13 Monate als junge Familie in Israel gelebt haben.

Der Touristen zugängliche Teil musste eingezäunt werden weil immer wieder Stücke der alten Bäume als Souvenirs abgeschnitten/gebrochen wurden.


Etwas zum Schmunzeln: Als wir 1997 das erste Mal in Jerusalem und auf dem Weg von der Altstadt zum Garten Gethsemane waren, sagte Raphael (damals 4jährig): "Uhh! Jesus und seine Jünger mussten gut aufpassen bei dem Verkehr!"

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